Mögliche Zukunft?
Langsam steigt der Rauch meiner Zigarette im Schein meiner Schreibtischlampe aufwärts. Es ist bis auf das wenige Licht, dass mir die Lampe liefert absolut dunkel in meiner kleinen Mansardenwohnung im 4. Bezirk. Draußen regnet es. Da mein Schreibtisch gleich neben dem Fenster steht, habe ich ständig das Geräusch der auf eben jenes klatschenden Tropfen im Ohr, werfe den einen oder anderen Blick nach draußen, sehe auf die Straße hinunter, zwei Menschen gehen gemeinsam unter einem Schirm, ein Liebespaar, denke ich, wobei ich mir natürlich nicht sicher sein kann, was meine Eifersucht den beiden gegenüber trotzdem nicht einschränkt. Ich blicke auf meinen Nachttisch, wo das kleine Foto meiner großen Liebe steht, denn auch wenn sie mir schon vor zwei Jahren, nach sechs Jahren Beziehung und obwohl wir schon verlobt waren, den Laufpass gab, warte ich immer noch auf den Moment der sie mir wiederbringt. Das Surren meines Laptops erfüllt den Raum, der Cursor blinkt mitten in einem angefangenen Satz, ich selbst sitze zurückgelehnt auf meinem Stuhl, ein sehr schlichter Stuhl, rein aus Holz, ohne irgendeinen Polster oder etwas, das es gemütlicher machen würde auf ihm zu sitzen. Seit einigen Tagen hing ich mitten in jenem Satz fest, unmöglich die Worte zu finden, die es wert wären, ihn zu beenden. Neben dem Laptop liegen die fälligen Rechnungen, Miete, Strom, Unterhalt. Es ist jeden Monat das gleiche, außer im Juli und im Dezember, Geburtstag und Weihnachten ermöglichen mir doch zumindest zweimal im Jahr pünktlich zu zahlen. Doch mein Geburtstag ist schon vorbei, ich habe heuer sämtliches erhaltenes Geld in Spirituosen und eine Party investiert, man feiert nur einmal seinen 30. Geburtstag und da ich zu eben jenem wieder am Land war, hielt ich es für angebracht Familie und Freunde einmal so richtig einzuladen. Inzwischen kommen schon die dritten Mahnungen an, mein Vermieter droht mir mit dem Exekutor, die Strombehörde hat ihn schon auf mich angesetzt und laut der Mutter meiner Tochter und des Bezirksgerichts ist er nur mehr wenige Meter vor meiner Tür.
Immer noch Regen. Da ich im Dachstock wohne, tropft es herein, aber die Eimer, die ich mir an meinem Geburtstag von meiner Mutter ausgeliehen hatte, stehen an den wichtigsten Stellen und somit beschäftigt mich das nicht mehr. Im Stock unter mir scheint Verwandtschaft zu Besuch zu sein, ich höre immer wieder lachen und das Haus ist vom Duft von selbstgebackenem und frischem Kaffee erfüllt. Ich setze die Bierdose an meine Lippen und trinke den letzten Rest der sich darin befindet auf einen Zug. Viel war es nicht mehr. Gut, dass August ist, bald sind Nachprüfungen und ich habe im Momente viel mehr Arbeit als sonst, gerade jetzt ist Nachhilfe gefragt. Nur: es reicht gerade mal zum nicht – Verhungern und – Verdursten und für eine Rechnung, aber eben nur im August. Die Zeitung liegt aufgeschlagen auf meinem Bett, Markus hat wieder einmal den Aufmacher geschrieben. Letztens bekam ich eine Karte von ihm, aus New York, wo er an einer Weltpressetagung teilgenommen und eine Rede gehalten hatte. Tja, Journalist müsste man sein, nicht Schriftsteller. Seit zwei Jahren beschäftige ich mich nun mit der Arbeit an meinem neuesten Roman, seit einem halben Jahr hänge ich bei diesem Satz. Mein erster Roman verkaufte sich nicht schlecht, wurde auch von der Kritik für nicht schlecht befunden, aber um davon zu leben, nein.
Ich habe zwei Selbstmordversuche hinter mir, nachdem sich meine Verlobte von mir getrennt hatte, schnitt ich mir einmal die Pulsadern auf und versuchte einmal mich zu ertränken, doch, ich und mein verdammtes Glück, wurde ich beide Male gerettet. Ich habe beschlossen nicht mehr dem Tod entgegenzulaufen sondern darauf zu warten, dass er kommt, ihm lediglich einen kürzeren Weg zu bieten, indem ich zwei Packungen Zigaretten am Tag rauchte (dafür habe ich kurioser- und unvernünftigerweise immer Geld) und mich Hauptsächlich von billigem Fast food, Bier und Absinth ernähre.
Meine kleine Tochter ist jetzt zwei Jahre alt, sie hat mir zum Vatertag heuer ein Bild gemalt, dass jetzt an meiner Tür hängt, so dass ich es immer sehen kann. Es ist kaum wirklich etwas zu erkennen aber sie hat gemeint, da wären sie und ich zu sehen, wie wir mit dem Hund ihrer Mutter spielen. Ich besuche sie einmal im Monat, spiele aber nie mit dem Hund, ein Schäfer, weil ich noch immer Angst vor den Dingern habe. Dann sitze ich zumeist mit ihrer Mutter, also meiner Ex-Verlobten, an einem Tisch ,trinke Kaffee, habe die Kleine auf dem Schoß und unterhalte mich mit ihrer Mutter. Sie habe noch keinen neuen Freund, meint sie, in den letzten zwei Jahren habe sie ein zwei kennen gelernt, aber keiner habe sich als wirklich toll herausgestellt. Ich lerne auch noch immer Frauen kennen, nehme manche mit in meine Wohnung, nur um sie am nächsten morgen wiedr fortzuschicken ohne nach ihren Telefonnummern zu fragen, was ich dann eine Stunde nachdem sie gegangen sind wieder bereue. Aber das erzähle ich ihr nicht. Ich erzähle ihr, das ich noch immer an der Stelle hänge, dass ich den Unterhalt gerne zahlen würde, aber eben noch nicht kann und wie schön es wäre, wenn ich die Kleine öfter sehen könnte.
Heute zum Beispiel. Inzwischen habe ich mich in mein Bett gelegt und starre ihre Zeichnung an. Ich habe sie mit einem roten Holzrahmen versehen, denn rot ist die einzige Farbe die sie in ihrem Bild nicht verwendet hat. Sehr viele dunkle Farben, was mich hin und wieder traurig macht, aber nie so richtig. Ich hätte mir etwas bunteres für meine triste Wohnung gewunschen. Aber Traurigkeit liegt mir genauso fern wie Freude. Es ist eine gewisse Nihilismusform die mich erfüllt, es ist mir egal. Früher, in den ersten eineinhalb Jahren der Trennung war ich oft traurig, doch hat das nach meinem zweiten Selbstmordversuch aufgehört. Kaum war unsere Tochter auf der Welt hat sie mich verlassen, weil ich nicht zurechnungsfähig war. Der Roman forderte all meine Aufmerksamkeit, ich wurde schrullig, hätte mich ihrer Meinung nach nicht um das Kind kümmern können, außerdem stritten wir sehr viel, vor allem wegen Geld. Unter Tränen schickte sie mich fort. Eigentlich der einzige Grund für mich, traurig zu sein.
Es klopft an der Tür, sehr heftig, das Bild wackelt wie wild und droht herunterzufallen, was es schließlich auch tut. Ich frage, wer da sei, aber niemand antwortet mir, das Klopfen bleibt konstant und stark, ich stehe auf, ziehe mir eine Hose an, fahre mir kurz mit der Hand durch die Haare und gehe zur Tür. Als ich sie öffne steht vor mir eine dunkle Gestalt, ganz in Schwarz gekleidet, die Kapuze ihres Mantels tief ins Gesicht gezogen. Sie tritt herein, dreht sich nach mir um und deutet mir, die Tür zu schließen, nur um mir wieder den Rücken zuzudrehen und sich mein Diplom in Philosophie, das an der gegenüberliegenden Wand hängt anzusehen. Die Figur schüttelt den Kopf. Ich bin noch keinen Meter von der Tür weggegangen, als sich die Gestalt umdreht und die Kapuze aus dem Gesicht nimmt. Meine Ex – Verlobte! Sie ist total durchnässt vom Regen, scheint geweint zu haben, denn ihre Augen sind ganz glasig. Ich will sie begrüßen, umarmen, erwache aus meiner Starrheit, doch sie sagt etwas, dass es der Kleinen nicht gut ginge, sie sei im Krankenhaus, die Großeltern, auch meine Mutter wären schon dort, ich sei nicht erreichbar gewesen, da beschloss sie herzukommen. Sie beginnt zu weinen, ich nehme sie in den Arm. Ich bin traurig, wirklich traurig. Ich lasse sie los, hebe das Bild auf und sehe es mir an: „Lass uns gehen!“ sage ich, einfach so, ohne sie direkt anzusehen, sondern weiterhin das Bild betrachtend. Auf der Taxifahrt ins Krankenhaus hält sie meine Hand, ich müsse mir keine Sorgen machen, die Taxirechnung bezahle sie, sie küsst mich auf die Wange.
Der Arzt meint, das Schlimmste wäre überstanden.
Immer noch Regen. Da ich im Dachstock wohne, tropft es herein, aber die Eimer, die ich mir an meinem Geburtstag von meiner Mutter ausgeliehen hatte, stehen an den wichtigsten Stellen und somit beschäftigt mich das nicht mehr. Im Stock unter mir scheint Verwandtschaft zu Besuch zu sein, ich höre immer wieder lachen und das Haus ist vom Duft von selbstgebackenem und frischem Kaffee erfüllt. Ich setze die Bierdose an meine Lippen und trinke den letzten Rest der sich darin befindet auf einen Zug. Viel war es nicht mehr. Gut, dass August ist, bald sind Nachprüfungen und ich habe im Momente viel mehr Arbeit als sonst, gerade jetzt ist Nachhilfe gefragt. Nur: es reicht gerade mal zum nicht – Verhungern und – Verdursten und für eine Rechnung, aber eben nur im August. Die Zeitung liegt aufgeschlagen auf meinem Bett, Markus hat wieder einmal den Aufmacher geschrieben. Letztens bekam ich eine Karte von ihm, aus New York, wo er an einer Weltpressetagung teilgenommen und eine Rede gehalten hatte. Tja, Journalist müsste man sein, nicht Schriftsteller. Seit zwei Jahren beschäftige ich mich nun mit der Arbeit an meinem neuesten Roman, seit einem halben Jahr hänge ich bei diesem Satz. Mein erster Roman verkaufte sich nicht schlecht, wurde auch von der Kritik für nicht schlecht befunden, aber um davon zu leben, nein.
Ich habe zwei Selbstmordversuche hinter mir, nachdem sich meine Verlobte von mir getrennt hatte, schnitt ich mir einmal die Pulsadern auf und versuchte einmal mich zu ertränken, doch, ich und mein verdammtes Glück, wurde ich beide Male gerettet. Ich habe beschlossen nicht mehr dem Tod entgegenzulaufen sondern darauf zu warten, dass er kommt, ihm lediglich einen kürzeren Weg zu bieten, indem ich zwei Packungen Zigaretten am Tag rauchte (dafür habe ich kurioser- und unvernünftigerweise immer Geld) und mich Hauptsächlich von billigem Fast food, Bier und Absinth ernähre.
Meine kleine Tochter ist jetzt zwei Jahre alt, sie hat mir zum Vatertag heuer ein Bild gemalt, dass jetzt an meiner Tür hängt, so dass ich es immer sehen kann. Es ist kaum wirklich etwas zu erkennen aber sie hat gemeint, da wären sie und ich zu sehen, wie wir mit dem Hund ihrer Mutter spielen. Ich besuche sie einmal im Monat, spiele aber nie mit dem Hund, ein Schäfer, weil ich noch immer Angst vor den Dingern habe. Dann sitze ich zumeist mit ihrer Mutter, also meiner Ex-Verlobten, an einem Tisch ,trinke Kaffee, habe die Kleine auf dem Schoß und unterhalte mich mit ihrer Mutter. Sie habe noch keinen neuen Freund, meint sie, in den letzten zwei Jahren habe sie ein zwei kennen gelernt, aber keiner habe sich als wirklich toll herausgestellt. Ich lerne auch noch immer Frauen kennen, nehme manche mit in meine Wohnung, nur um sie am nächsten morgen wiedr fortzuschicken ohne nach ihren Telefonnummern zu fragen, was ich dann eine Stunde nachdem sie gegangen sind wieder bereue. Aber das erzähle ich ihr nicht. Ich erzähle ihr, das ich noch immer an der Stelle hänge, dass ich den Unterhalt gerne zahlen würde, aber eben noch nicht kann und wie schön es wäre, wenn ich die Kleine öfter sehen könnte.
Heute zum Beispiel. Inzwischen habe ich mich in mein Bett gelegt und starre ihre Zeichnung an. Ich habe sie mit einem roten Holzrahmen versehen, denn rot ist die einzige Farbe die sie in ihrem Bild nicht verwendet hat. Sehr viele dunkle Farben, was mich hin und wieder traurig macht, aber nie so richtig. Ich hätte mir etwas bunteres für meine triste Wohnung gewunschen. Aber Traurigkeit liegt mir genauso fern wie Freude. Es ist eine gewisse Nihilismusform die mich erfüllt, es ist mir egal. Früher, in den ersten eineinhalb Jahren der Trennung war ich oft traurig, doch hat das nach meinem zweiten Selbstmordversuch aufgehört. Kaum war unsere Tochter auf der Welt hat sie mich verlassen, weil ich nicht zurechnungsfähig war. Der Roman forderte all meine Aufmerksamkeit, ich wurde schrullig, hätte mich ihrer Meinung nach nicht um das Kind kümmern können, außerdem stritten wir sehr viel, vor allem wegen Geld. Unter Tränen schickte sie mich fort. Eigentlich der einzige Grund für mich, traurig zu sein.
Es klopft an der Tür, sehr heftig, das Bild wackelt wie wild und droht herunterzufallen, was es schließlich auch tut. Ich frage, wer da sei, aber niemand antwortet mir, das Klopfen bleibt konstant und stark, ich stehe auf, ziehe mir eine Hose an, fahre mir kurz mit der Hand durch die Haare und gehe zur Tür. Als ich sie öffne steht vor mir eine dunkle Gestalt, ganz in Schwarz gekleidet, die Kapuze ihres Mantels tief ins Gesicht gezogen. Sie tritt herein, dreht sich nach mir um und deutet mir, die Tür zu schließen, nur um mir wieder den Rücken zuzudrehen und sich mein Diplom in Philosophie, das an der gegenüberliegenden Wand hängt anzusehen. Die Figur schüttelt den Kopf. Ich bin noch keinen Meter von der Tür weggegangen, als sich die Gestalt umdreht und die Kapuze aus dem Gesicht nimmt. Meine Ex – Verlobte! Sie ist total durchnässt vom Regen, scheint geweint zu haben, denn ihre Augen sind ganz glasig. Ich will sie begrüßen, umarmen, erwache aus meiner Starrheit, doch sie sagt etwas, dass es der Kleinen nicht gut ginge, sie sei im Krankenhaus, die Großeltern, auch meine Mutter wären schon dort, ich sei nicht erreichbar gewesen, da beschloss sie herzukommen. Sie beginnt zu weinen, ich nehme sie in den Arm. Ich bin traurig, wirklich traurig. Ich lasse sie los, hebe das Bild auf und sehe es mir an: „Lass uns gehen!“ sage ich, einfach so, ohne sie direkt anzusehen, sondern weiterhin das Bild betrachtend. Auf der Taxifahrt ins Krankenhaus hält sie meine Hand, ich müsse mir keine Sorgen machen, die Taxirechnung bezahle sie, sie küsst mich auf die Wange.
Der Arzt meint, das Schlimmste wäre überstanden.