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Romantische LiederIm Herbst 1898 erschien als erste selbständige Veröffentlichung im Verlag E. Pierson in Dresden die Gedichtssammlung Romantische Lieder in dreifacher Ausstattung (leinengebunden und broschiert). Hesse hatte sich mit 175 Mark an den Herstellkosten beteiligt. 600 Exemplare umfaßte die erste Auflage, wovon bis zum Januar 1900 aber erst 54 verkauft wurden.

Das Motto zu diesem Band gab Novalis:

Seht, der Fremdling ist hier, der aus demselben Land
Sich verbannt fühlt wie ihr, traurige Stunden sind
Ihm geworden; es neigte
Früh der fröhliche Tag sich ihm.

An die Schönheit ist der Titel des ersten Gedichts, dessen dritte Strophe lautet:

Tänze und Gefahren sanken
In den dunklen Fluß der Zeit,
Ohne Nähen, ohne Schranken
Wölbt sich meine Einsamkeit.
Grün und Gold und Himmel schwand;
Überm Ufer meiner kranken
Seele liegt mein Heimwehland.

Bilder und Töne der Sehnsucht, des Heimwehs, einer müden Trauer und Schwermut herrschen in diesen Gedichten vor. Es sind Träume eines einsamen und empfindsamen Herzens, das sich in der Welt nicht zurechtfindet und sich nun der Klage und dem Verzicht ergibt. Die Form der Gedichte läßt eine starke Begabung und artistisches Können, vor allem ein bereits sehr ausgeprägtes Gefühl für Sprachmelodie und Rhythmus erkennen, und mögen unschwer Vorbilder nachgewiesen werden können, so zeigen doch einzelne Gedichte und Strophen schon den durchaus eigenen Klang. Der Mutter gegenüber, die das Manuskript gelesen und sorgenvoll Kritik geäußert hatte, rechtfertigte sich Hesse in dem Brief vom 2. Dezember 1898: >> Die "romantischen Lieder" tragen schon im Titel ein ästhetisches und ein persönliches Bekenntnis. Ich nehme es als Abschluß einer Periode und glaube, daß auf mein ferneres Dichten von ihnen aus kein Schluß zulässig ist. Das Manuskript ist seit Frühjahr fertig, - eben seither bin ich einsamer, stiller, klarer geworden. Die Redaktion, die Aufnahme einzelner und Weglassung anderer Lieder glaubte ich, nach sehr langem Besinnen, von nichts Persönlichem abhängig machen zu dürfen. Das Büchlein sollte kein Kunterbunt, sondern ein Ganzes, eine Reihe von Tönungen und Variationen desselben romantischen Grundmotivs werden." << *1

Titelblatt der Erstausgabe aus:
Volker Michels (Hrsg.): Hermann Hesse. Sein Leben in Bildern und Texten. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1979. Seite 66

Zitat aus:
*1 Ursula u. Volker Michels (Hrsg.): Gesammelte Briefe. Erster Band 1895-1921. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M.1973. Seite 48.

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Klage von Hermann Hesse