Hinweis: Ich bitte den Leser zu bedenken, dass sich dieser Bericht auf meinen Besuch des Hesse-Museums in Calw im Jahre 1999 bezieht. Aktuelle Informationen stehen auf der Homepage des Hesse-Museums Calw zur Verfügung.

Hermann Hesse Museum in Calw 1999

Das Museum liegt zentral in der Calwer Altstadt gegenüber der Stadtkirche. Trotzdem bin ich erst einmal daran vorbeigelaufen und fand mich oberhalb des Ortseingangs wieder, von wo aus ich aber schöne Fotos machen konnte. Auf dem Rückweg stieß ich dann auf ein kleines Mauerschild, das mich auf das Gebäude aufmerksam machte, das durch ein recht unauffälliges Schild rechts neben der Eingangstür als das Museum kenntlich gemacht wird. Das kommt davon, wenn man zu faul zum Kartenlesen ist.
Die Öffnungszeiten sind folgende: Di-Sa 14-17 Uhr, So 11-17 Uhr, und das ganzjährig. Im Eintrittspreis (5,- für Erwachsene/ 3,- ermäßigt) ist auch der Besuch der Calwer Stadtgalerie enthalten, die im ersten Stockwerk zu finden ist und z.B. Werke von dem Maler Gunther Böhmer und des Bildhauers Peter Steyers enthält.

Gegen halb zwölf kaufte ich mein Ticket, begab mich durch die gläserne Sicherheitstür und stand im eindrucksvollen Treppenhaus des historischen Gebäudes. Über die dunkle Edelholztreppe gelangte ich nach oben, wo ich erwartungsvoll die erste Tür öffnete. Zur Rechten ein Raum voller Skulpturen, sonst überall Gemälde, mein fragender Blick suchte nach Hesse-Stücken, bis mir das Schild, an dem ich vor der Tür vorbeigelaufen war, wieder in den Sinn kam: „Galerie der Stadt Calw“. Auch sehr interessant, doch das was ich sehen wollte lag im zweiten Stock.

Dort empfing mich dann auch gleich eine Hesse-Büste, die in diesem zentralen Eingangsraum stand, der noch mit einigen Bildern und Postern geschmückt war. Außerdem lag dort noch ein Gästebuch, das ich erst einmal betrachtete. Erstaunt blickte ich auf allerlei asiatische Schriftzeichen, italienische, französische Texte und englische Grüße von Leuten aus vielen Teilen Europas. Ich war beeindruckt.

Die Ausstellung gliedert sich in zehn Räumlichkeiten, die jeweils bestimmte Lebensabschnitte zum Thema haben. Raum eins behandelt so z.B. „Pietistische Herkunft und missionarisches Sendungsbewußtsein“, der Besucher kann hier vieles über die Vorfahren, deren Leben und Einfluss auf Hermann Hesse erfahren. In Schaukästen werden übersichtlich alte Dokumente, Fotografien und Bücher gezeigt, die immer mit einem Erläuterungstext versehen sind. Zusätzlich gibt ein fortlaufend numerierter Text Auskunft über die wichtigsten Ereignisse des jeweiligen Zeitraums.

Ich nahm mir viel Zeit, um mir alles genau anzusehen. In einem der ersten Räume sind zwei Bilder zu sehen, die er, ich glaube 14jährig, in der Schule gemalt hat. Eine etwa zur gleichen Zeit entstandene Geschichte über zwei Schulheftseiten, die er seiner Schwester zu Weihnachten schenkte, lag ebenso in einem der Schaukästen. Solche Zeugnisse aus der Kindheit faszinierten mich am meisten.
Die beiden Bilder rechts sind im zweiten Raum aufgenommen und zeigen einmal oben die weltweite Wirkung Hesses anhand internationaler Ausgaben verdeutlicht und unten einige Utensilien vom Schreibtisch aus Montagnola.

Übrigens ist das Museum die größte Dauerausstellung Europas über Hermann Hesse.
In den folgenden Räumen wird sich dann mit der Flucht aus Maulbronn, den „zielstrebigen Umwegen Tübingen – Basel – Italien“ und den ersten schriftstellerischen Erfolgen beschäftigt. Zu jedem großen Werk ist eine Erstausgabe ausgestellt und man kann einiges zur Entstehungsgeschichte erfahren.

Das viele Lesen hatte mich etwas ermüdet. Der benachbarte Kirchturm schlug viertel vor zwei und ich dachte daran, eine kleine Mittagspause einzulegen. Da kam mir das Ausstellungsstück im nachsten Raum wie gerufen. Es war ein Holzstuhl, ich glaube aus der Gaienhofener Zeit, auf dem ich mich erst einmal niederließ und meine Butterbrote auspackte. Nein, natürlich machte ich sowas böses nicht. Ich nahm mein Mittagessen außerhalb ein (bei Metzgerei Franz, Currywurst und Pommes für 5,-) und kehrte frisch gestärkt gegen vier Uhr wieder zurück.

Ein weiterer interessanter Raum war Nummer sieben: „Wahlheimat Schweiz und Erster Weltkrieg“. Hier kann man den politischen Artikel „O Freunde, nicht diese Töne!“ vom 3. November 1914 aus der >Neuen Zürcher Zeitung< einsehen, in dem er sich gegen die Kriegführung im „Studierzimmer“ und „am Schreibtisch“ ausspricht. Auch die Gegenreaktionen zu weiteren Berichten werden aufgezeigt, in denen ihm die „Drückebergerei“ und „schlaue Feigheit“ vorgeworfen wird.Der nächste Raum beschäftigt sich zum Großteil mit der zweiten großen Leidenschaft des Dichters, nämlich mit der Malerei. In dem hellen Raum sind einige Aquarelle sowie bebilderte Gedichtsbände ausgestellt. Ein weiteres Thema ist die Gärtnerei, die Hesse sehr liebte und als Ausgleich zum Schreiben nutzte. Hinter einem Glasfenster ist sein Rucksack mit Malstühlchen zu sehen, sowie ein paar Gartenwerkzeuge, Hut und Arbeitskittel.

Im letzten Raum schließlich geht es unter anderem um den Steppenwolf, das Glasperlenspiel und, schön formuliert, den Ausklang.

Auch ich ließ meinen Besuch hier so langsam ausklingen. In der letzten Stunde füllte sich das Museum noch einmal mit einigen Leuten, wobei es am Vormittag eher ruhig war. Ich hinterließ noch einen Gruß im Gästebuch und ging zurück an die Kasse, wo ich meinen Rucksack abgestellt hatte. Für 20 Mark kaufte ich mir noch das Buch „Erinnerungen der Söhne an ihren Vater Hermann Hesse“, herausgegeben von Uli Rothfuss und veröffentlicht von der Kreissparkasse Calw, das ich nur jedem empfehlen kann, denn es gibt es nur in Calw zu kaufen. Empfehlen kann ich auch jedem einmal hierher zu kommen, für mich jedenfalls hatte es sich gelohnt.