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Kniendes Leben

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Er erwacht langsam, benommen. Kein Gefühl in Armen und Beinen. Etwas nimmt ihm die Sicht, erschwert sein Atmen. Die Züge kommen flach und stoßweise. Erschöpfung.

Er liegt auf dem Boden, das Gesicht zur Hälfte in feuchter, schlammiger Erde. Sie riecht abgestanden und faulig. Arme und Beine weit von sich gestreckt, den Bauch auf der Erde fühlt er die Nässe. Die Feuchtigkeit ist schwer und kalt. Sie überfällt ihn und lässt Ihn zittern. Müdigkeit.

Marie.

Langsam, unendlich langsam versucht er die Finger seiner rechten Hand zu bewegen. Er konzentriert sich, aber sie wollen nicht. Kälte.

Fühl sie.

Er hört ein dumpfes Brummen in der Ferne. Der stoßweise Atem ist laut in seinem Kopf. Ein Tropfen rinnt ihm über die Stirn.

Beweg die Finger.

Er konzentriert sich erneut. Die unsichtbare Hand bewegt sich ein Stück. Zeigefinger und Daumen berühren sich. Er schließt die Faust im Schlamm.

Versuch es.

Er spürt ein Stechen im Unterleib. Sein bewegungsloser Körper liegt auf etwas, dass sich hart in seine Eingeweide bohrt. Die Kälte dämpft alles Gefühl, führt ihn zurück an den Rand der Bewusstlosigkeit. Schritte schmatzen durch den Morast an ihm vorbei. Er hört sie kaum.

Steh auf.

Mit aller Kraft zieht er seinen Arm an den Körper. Ein scharfer Schmerz zuckt durch seine Schulter. Er presst die Faust in den Schlamm und drückt sich ein Stück nach oben. Mit schmerzentsetzter Kraft dreht er seinen versehrten Körper auf den Rücken. Schlamm rinnt ihm in den Mund und er schluckt ihn herunter.

Weiter.

Das Stechen bleibt. Er wischt sich zögernd über das Gesicht. Dreckiges Wasser reizt seine Augen, aber die Sicht kehr verschwommen zurück. Alles ist grau. Dunkle Schemen huschen vorbei.

Du kannst es.

Er tastet nach dem Schmerz. Ein kalter Wind haucht ihm über das Gesicht und bringt einen feinen Regen mit sich. Er fühlt die dünnen Tropfen kaum auf der kalten Haut. An seinem Bauch ist die nasse Kleidung wärmer. Als er die Finger zum Mund führt schmeckt er Salz. Salz, dass er zum Leben braucht.

Verdammt.

Er setzt sich langsam auf. Er fühlt nichts. Alles schmerzt.

Marie.

Der Regen nimmt zu. Tropfen prasseln hell auf die feuchte Kleidung. Er kann seine Beine jetzt fühlen. Die Stiefel wiegen schwer. Er kann sie nicht anheben. Er drückt sich mit der tauben Hand auf die Seite und kniet sich hin.

Steh auf.

Er hat keine Orientierung. Keine Sonne, nur graue Wolken und grauer Schlamm; Tote Bäume und kein Horizont. Er weiß er kann nicht stehen. Der Schmerz pocht. An seinem Bauch ist es warm. Seine Kraft versagt. Er fällt zurück, schlägt schwer mit dem Kopf auf dem klumpigen Boden auf.

Marie.

Er ist außer Atem. Die Luft scheint dick und schwer, aber der Schmerz löst sich auf, verschwindet wie Frühnebel in der Sonne. Flüssigkeit sammelt sich in seinem Hals. Er muss husten. Die Kraft reicht nicht. Das Atmen wird schwer.

Er liegt flach auf der feuchten Erde und fühlt die Kälte auf seiner Haut.

Atme.

Seine Augen weiten sich. Das Atmen bleibt aus. Der Körper zuckt und bleibt dann still. Tropfen fallen auf das Gesicht, fallen auf die Kleidung und die Erde.

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Autor:in

Nathaniel

Nathaniel

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