Klingsors Rückkehr
Ein rauer Wind. Viele Wolken, schnell ziehend, weiß und grau und schwarz. Die Villa steht noch, majestätisch zerfallen, von Gott und allen verlassen. Im Garten sitzt Klingsor mit brennendem Haar. Wie lang war er weg gewesen? Wie lang hatte er sein galantes Domizil entbehren müssen? Sicher, er hatte das Bild gemalt – sein Bild. Keines davor und keines danach hatte er mehr gelebt, mehr erstaunt, mehr ermalt und schöner und reiner der Palette entreißen können als dieses. Mit jedem Pinselstrich trug er sich selbst ab und in dies Bild hinein.
Nun, dort liegt es, gleich bei der Hecke, hinter den geilenden Sonnenblumen, lichterloh in Flammen. Kobaltblau in fetten, schwülstigen Blasen, siedendes Karmin und Kadmium, herrlich verpuffender Krapplack.
Klingsor staunt. Welch Arsenal, welch wüste, tapfere Verschwendung hatte er gegen den Tod aufgefahren. Mit welcher Hingabe, mit welcher Lust hatte er neben dem Greis den Jüngling ins Bild gesetzt, beide im Antlitz vereint, alt und jung vom Spiegel auf die Leinwand übertragen. Wie viel Zeit, wie viel verbrannte Nerven!
Er gedachte der Legende jenes Sommers, da dies Bildnis entstand. Die rotglühende Hitze im Tal, die so schnell verlodernden Tage, die ziellosen Saufereien in den Grottos der Nacht. Fern und einsam liegt sie im Gedächtnis, jene Wunde der guten Zeit, als Klingsor noch empfänglich war für den Lockruf der Welt, für das sanfte Mahnen des Todes.
Er hatte ihn bekriegt, den Tod, in jenem Bilde, in jenem Sommer. Ausgelacht und verhöhnt hatte er ihn, mit Zinnober und Veronesergrün gelockt, ihm mit Geraniumlack den Bauch gepinselt, mit caput mortuum verneint.
Und nun war er wieder hier – Casa Camuzzi – stille Ruine ihrer Tage, ehrwürdiger Palast und Schlupfwinkel des Todfeindes Klingsor.
Er war zurückgekehrt in diese Welt, aus der er sich einst von Edith, von Thu Fu, von Louis dem Grausamen verabschiedete. Als einziger war er zurückgekehrt, zu sehen was übrig war von der Glut jenes Sommers.
Nun kommt schon die Nacht und Klingsors Vergangenheit, dort drüben bei der Hecke, wird bald vollständig erloschen sein.
All die schmerzenden Augen, die er auf dies Bild geworfen, all die Handgriffe, die groben und die feinen, all die Stunden rauschender Arbeit brennen dort und Klingsor sieht es. Den Burgunder bei der Hand. Schnaubend trinkt er das Glas nieder, wirft es in die Flammen.
Stiller, schlimmer Tod! Li Tai Po ist tot, dichtet keine Trinklieder mehr, Louis der Grausame ist tot, malt nicht mehr am Wahnsinn, verführt und erobert keine unschuldigen Landmädchen mehr. Wie schnell wird aus der Gegenwart Vergangenheit, wie rasch leeren sich die Becher!
Klingsor – ein Relikt - , die Reste eines Märchens oder Traumes.
Satt erhebt er sich vom Klappstuhl im Garten, müde betritt er die Ruine, das Geisterschloss Camuzzi, hebt sich die Treppen hinan, erwartungslos betritt er die alte Klause, das fabelhafte Verlies jener untergegangenen Tage.
Er streicht sich das graue Haar aus der Stirne, schleicht auf dem Balkon umher, klammert sich an die Brüstung, wie einst der Klingsor jenes Sommers, den er als seinen letzten pries.
Nun, dort liegt es, gleich bei der Hecke, hinter den geilenden Sonnenblumen, lichterloh in Flammen. Kobaltblau in fetten, schwülstigen Blasen, siedendes Karmin und Kadmium, herrlich verpuffender Krapplack.
Klingsor staunt. Welch Arsenal, welch wüste, tapfere Verschwendung hatte er gegen den Tod aufgefahren. Mit welcher Hingabe, mit welcher Lust hatte er neben dem Greis den Jüngling ins Bild gesetzt, beide im Antlitz vereint, alt und jung vom Spiegel auf die Leinwand übertragen. Wie viel Zeit, wie viel verbrannte Nerven!
Er gedachte der Legende jenes Sommers, da dies Bildnis entstand. Die rotglühende Hitze im Tal, die so schnell verlodernden Tage, die ziellosen Saufereien in den Grottos der Nacht. Fern und einsam liegt sie im Gedächtnis, jene Wunde der guten Zeit, als Klingsor noch empfänglich war für den Lockruf der Welt, für das sanfte Mahnen des Todes.
Er hatte ihn bekriegt, den Tod, in jenem Bilde, in jenem Sommer. Ausgelacht und verhöhnt hatte er ihn, mit Zinnober und Veronesergrün gelockt, ihm mit Geraniumlack den Bauch gepinselt, mit caput mortuum verneint.
Und nun war er wieder hier – Casa Camuzzi – stille Ruine ihrer Tage, ehrwürdiger Palast und Schlupfwinkel des Todfeindes Klingsor.
Er war zurückgekehrt in diese Welt, aus der er sich einst von Edith, von Thu Fu, von Louis dem Grausamen verabschiedete. Als einziger war er zurückgekehrt, zu sehen was übrig war von der Glut jenes Sommers.
Nun kommt schon die Nacht und Klingsors Vergangenheit, dort drüben bei der Hecke, wird bald vollständig erloschen sein.
All die schmerzenden Augen, die er auf dies Bild geworfen, all die Handgriffe, die groben und die feinen, all die Stunden rauschender Arbeit brennen dort und Klingsor sieht es. Den Burgunder bei der Hand. Schnaubend trinkt er das Glas nieder, wirft es in die Flammen.
Stiller, schlimmer Tod! Li Tai Po ist tot, dichtet keine Trinklieder mehr, Louis der Grausame ist tot, malt nicht mehr am Wahnsinn, verführt und erobert keine unschuldigen Landmädchen mehr. Wie schnell wird aus der Gegenwart Vergangenheit, wie rasch leeren sich die Becher!
Klingsor – ein Relikt - , die Reste eines Märchens oder Traumes.
Satt erhebt er sich vom Klappstuhl im Garten, müde betritt er die Ruine, das Geisterschloss Camuzzi, hebt sich die Treppen hinan, erwartungslos betritt er die alte Klause, das fabelhafte Verlies jener untergegangenen Tage.
Er streicht sich das graue Haar aus der Stirne, schleicht auf dem Balkon umher, klammert sich an die Brüstung, wie einst der Klingsor jenes Sommers, den er als seinen letzten pries.