Tischfußball
„Nein, du weißt, dass ich es nicht kann, aber wenn du spielen willst, ich schaue dir gern zu!“ Und ich beobachte das Spiel, blau gegen rot, Mann gegen Frau. Der Ball donnert ins Tor, der kleine rote Torwart dreht sich einige Male wegen der Wucht des Schusses. Und den Spielstand um eines weiterschieben. „Nein, nicht rauchen! Der Rauch könnte mir in die Augen ziehen und mich ablenken.“ Lieber nicht hinterfragen, ob sie es nicht doch etwas zu ernst nimmt. Ich stehe am Kopfende und blicke interessiert auf das Spielfeld. Flüchtige Blicke streifen ihr Gesicht, ihren Körper und ich erinnere mich, aber verdränge. Jetzt schlecht drauf zu sein wäre kein guter Anfang für diesen Abend, aber auch nicht zu gut drauf sein, das würde nur Zweifel wecken, die übliche Coolness und einfach dem Spiel zusehen. Wieder ein Blick auf sie. Nein, das darf ich nicht tun, das letzte was diesem Abend fehlt sind melancholisch-verliebte Gedanken oder, was noch um einiges schlimmer wäre, ein melancholisch-verliebter Denker. „Wie war das mit den zwei Minuten?“ meint sie zu ihrem Gegenüber, streckt siegreich die Arme empor und lächelt das Lächeln eines zufriedenen Menschen. Ich würde gern mit ihr lächeln, aber ich habe vergessen wie es geht. Ich nicke nur. Sie schiebt mir einen Euro hin, an das Ende des Tisches wo ich stehe: die Aufforderung zum Kampf. Widerwillig stimme ich zu und begebe mich ans Werk, für einige Minuten die Kontrolle über elf rote Männchen zu übernehmen, denen Stangen durch die Körper getrieben wurden um sie zu Instrumenten eines Sports zu machen. „Ich muss beim spielen immer an „Silentium“ denken!“ merke ich an, eine glatte Lüge. Nicht nur beim Spielen denke ich an sie, aber jetzt steht sie mir gegenüber, die Griffe der Metallstangen in der Hand, ihr Haar fällt ihr ins Gesicht, sie legt Ring und Uhr ab, als würden die beiden sie stören mich zu besiegen und all ihr Verhalten verstärkt nur noch meine in den Hintergrund gerückten Gefühle für sie. Ich bringe den ersten Ball ins Spiel. Langsam beginnt er zwischen den Männchen herumzurollen, da, ein Schuss, aber mein Torwart stand richtig, doch beim zweiten Versuch klappt es. Ich hole den nächsten Ball aus dem Fach, in dem die Bälle gelagert sind und bringe auch ihn ins Spiel. Als ich kurz zu ihr hinübersehe, erkenne ich, wie schön sie in der Neonbeleuchtung der Spielfläche, die den ganzen Raum zu erfüllen scheint, aussieht. Gut, das tut sie auch ohne eben jene, aber im Moment wird mir wieder schmerzhaft bewusst, wie dumm ich bin und war, sie gehen zu lassen, ja sogar fort zu schicken. Gedankenverloren und trotzdem konzentriert wirkend drehe ich an den Griffen, im Gedanken meine Vorsätze noch einmal durchgehend: „Nein, vergiss es, sie hat alles klar gestellt, du hast dir nichts zu erwarten.“ Aber ich will es nicht glauben. Klar, ich muss, aber... Peng, wieder ein Tor, mit dem äußersten Stürmer geschossen, zwei zu null für sie. Nächster Ball. Ich versuche mich zu konzentrieren, doch da fällt mein Blick auf ihre zarten Hände und schon habe ich wieder ein Tor kassiert. „Du bist ja noch schlechter als das letzte Mal!“ „Es ist auch schon spät und ich hab wenig geschlafen, außerdem habe ich dir davon abgeraten mit mir zu spielen, kann ja keinen Spaß machen wenn man keine Herausforderung hat.“ Vielleicht ist es das. Die Herausforderung, die sie darstellt, die mir auf eine kranke Art und Weise Spaß macht. Krank allein deshalb, weil ich mich dadurch in ein immer größeres Wunschdenken und eine damit verbundene Traurigkeit stürze, die mir nicht gut tut. Masochismus? Muss nicht sein, aber ganz sicher meine Schwäche. Genauso wie Tischfußball spielen.
Ich habe den Ball in meinen Reihen und schaffe es tatsächlich, ihr ein Tor zu schießen. „Kommst du nachher noch mit in das Lokal auf der anderen Straßenseite?“ Eigentlich bin ich müde und möchte nach Hause, ich muss noch ziemlich weit Autofahren, aber ich willige ein, allein deshalb weil ich auch so die Zeit, die wir gemeinsam verbringen, schätze. Gute Gespräche und so. Und ich kann mich an ihr einfach nicht satt sehen. Ich hatte mir vorgenommen, damit aufzuhören es zu versuchen, weil sie klipp und klar gesagt hatte, was Sache ist, aber jedes Mal wenn ich sie sehe, nein, tut mir leid, das geht über jede Vernunft und jeden Selbsterhaltungsdrang hinaus. Ich bin wütend auf mich selbst und schieße noch ein Tor. Mit einem mächtigen Rumms schlägt der Ball an die Rückwand des Tores. Es sollte mein letztes in dieser Partie gewesen sein, denn von nun an, schwebten mehr Gedanken durch meinen Kopf als Rauchschwaden durch das stilecht eingerichtete irische Pub – irgendwo zwischen mittlerem und nördlichem Burgenland – in dem wir uns befinden. Warum konnte ich nicht mit mir selbst fertig werden und die Realität akzeptieren? Es liegt wohl in der Natur der Künstler, die Realität nicht wahrhaben zu wollen, aber macht mich das allein zu einem Künstler?
Mir fällt auf wie graziös ihre Bewegungen sind und dass sie, obwohl ich als Gegner wirklich nur für zwischendurch gedacht bin, alles gibt und sich auf das Spiel konzentriert. Hat sie gerade hergesehen? Hatte der Blick was zu bedeuten und wenn ja was? Immer wieder wenn wir uns mal treffen, sieht sie mich manchmal so an, als würden ihr gerade ähnliche Gedanken wie die meinen durch den Kopf gehen, aber ihre allgemeine Haltung lässt mich zweifeln und die Zweifel machen mich irre. Vor allem, weil ich weiß, dass die Zweifel berechtigter sind, als meine unzuverlässigen Blickinterpretationen. Auch jedes Mal, nachdem wir uns getroffen haben und ich mich auf den Heimweg machte, behalte ich mein Handy fest im Griff um auch jede kleinste Vibration zu bemerken, die darauf hindeuten würde, dass sie sich meldet und mir etwas sagen will, dass uns beide betrifft. Aber bis jetzt hat sie noch nie danach angerufen, eigentlich bin ich der Pol in unserer Beziehung, der auf die Idee kommt sich zu treffen, das sollte mir auch zu denken geben.
Freunde? Ja! Keine Frage, ich bin stolz jemanden wie sie zum Freund zu haben, aber auch traurig, weil ein Freund eben nicht die Position ist, die ich ihr im Tischfußballsiel meines Lebens zuweisen würde. Aber ich habe die Stangen nicht in die Männchen gesteckt und auch nur begrenzte Möglichkeiten sie zu bewegen. Beim Heimfahren werde ich halt wieder traurige Musik einlegen und in Selbstmitleid aufgehen, das hilft. Und dann werde ich den anderen gegenüber wieder behaupten, dass ich darüber hinweg bin, dass mir der Knopf aufgegangen ist und ich jetzt akzeptiere, dass nicht ist was ich gerne hätte, wobei diese Einsicht bei mir immer so lange dauert. Aber ich weiß, dass es nicht wahr ist, ich weiß, was ich wirklich will aber nicht wie und ob ich das jemals schaffen kann, es hängt auch kaum von mir ab. Natürlich in gewisser Weise schon, aber die Metallstange, auf die ich von liebevoller Sportgerätebauerhand geschoben wurde, hält sie fest in der Hand.
Ich will sie, nur sie. Ich habe zwei Jahre und einige gescheiterte Beziehungen gebraucht um das endlich zu verstehen, aber ich bin in jener Hinsicht genauso reaktionsschnell, wie beim Tischfußball. Da, sie hat wieder ein Tor geschossen. War das jetzt schon das siebente oder achte? „Du solltest dich mehr anstrengen!“ „Versuche ich ja, aber ich bin einfach nicht schnell genug. Hmm, der letzte Ball!“ „Dann streng dich wenigstens bei dem noch an mir zuliebe.“ Und wie als ob sie ein Zauberwort gesprochen hätte, spiele ich auf Teufel komm raus, halte den Ball in meinen eigenen Reihen, versuche zwei drei Angriffe, die scheitern, einer nur ganz knapp, halte ihre Schüsse. Ich beginne zu schwitzen, meine Handflächen werden feucht und meine Augen beginnen nervös hinter dem Ball herzuzucken, ich denke nicht mehr, ich spiele. Wieder eine Chance, wieder nur knapp verfehlt, der Ball bleibt in der Mitte liegen unereichbar für ihre wie für meine Spieler, aber kurz den Tisch aufgehoben und schon geht es weiter. Es geht lange hin und her, meine innere Anspannung steigt, ich könnte es schaffen, ja da, jetzt ein Schuss, doch der Ball prallt an der Wand ab und wird mit einer solchen Wucht zurückgeschleudert, dass er in mein Tor fällt, zu schnell, als dass ich hätte reagieren können. „Das war jetzt Pech, der letzte Ball war echt gut gespielt, aber es spielt halt auch der Zufall mit.“ „Naja, du bist sowieso besser als ich. Was willst du trinken?“
Tischfußball ist ein schönes Spiel. Vor allem, wenn der Gegenspieler so schön ist, dass ich nicht anders kann als motiviert zu sein. Und ich habe kein Problem tausendmal zu verlieren, solange ich es gegen sie tue.
Ich habe den Ball in meinen Reihen und schaffe es tatsächlich, ihr ein Tor zu schießen. „Kommst du nachher noch mit in das Lokal auf der anderen Straßenseite?“ Eigentlich bin ich müde und möchte nach Hause, ich muss noch ziemlich weit Autofahren, aber ich willige ein, allein deshalb weil ich auch so die Zeit, die wir gemeinsam verbringen, schätze. Gute Gespräche und so. Und ich kann mich an ihr einfach nicht satt sehen. Ich hatte mir vorgenommen, damit aufzuhören es zu versuchen, weil sie klipp und klar gesagt hatte, was Sache ist, aber jedes Mal wenn ich sie sehe, nein, tut mir leid, das geht über jede Vernunft und jeden Selbsterhaltungsdrang hinaus. Ich bin wütend auf mich selbst und schieße noch ein Tor. Mit einem mächtigen Rumms schlägt der Ball an die Rückwand des Tores. Es sollte mein letztes in dieser Partie gewesen sein, denn von nun an, schwebten mehr Gedanken durch meinen Kopf als Rauchschwaden durch das stilecht eingerichtete irische Pub – irgendwo zwischen mittlerem und nördlichem Burgenland – in dem wir uns befinden. Warum konnte ich nicht mit mir selbst fertig werden und die Realität akzeptieren? Es liegt wohl in der Natur der Künstler, die Realität nicht wahrhaben zu wollen, aber macht mich das allein zu einem Künstler?
Mir fällt auf wie graziös ihre Bewegungen sind und dass sie, obwohl ich als Gegner wirklich nur für zwischendurch gedacht bin, alles gibt und sich auf das Spiel konzentriert. Hat sie gerade hergesehen? Hatte der Blick was zu bedeuten und wenn ja was? Immer wieder wenn wir uns mal treffen, sieht sie mich manchmal so an, als würden ihr gerade ähnliche Gedanken wie die meinen durch den Kopf gehen, aber ihre allgemeine Haltung lässt mich zweifeln und die Zweifel machen mich irre. Vor allem, weil ich weiß, dass die Zweifel berechtigter sind, als meine unzuverlässigen Blickinterpretationen. Auch jedes Mal, nachdem wir uns getroffen haben und ich mich auf den Heimweg machte, behalte ich mein Handy fest im Griff um auch jede kleinste Vibration zu bemerken, die darauf hindeuten würde, dass sie sich meldet und mir etwas sagen will, dass uns beide betrifft. Aber bis jetzt hat sie noch nie danach angerufen, eigentlich bin ich der Pol in unserer Beziehung, der auf die Idee kommt sich zu treffen, das sollte mir auch zu denken geben.
Freunde? Ja! Keine Frage, ich bin stolz jemanden wie sie zum Freund zu haben, aber auch traurig, weil ein Freund eben nicht die Position ist, die ich ihr im Tischfußballsiel meines Lebens zuweisen würde. Aber ich habe die Stangen nicht in die Männchen gesteckt und auch nur begrenzte Möglichkeiten sie zu bewegen. Beim Heimfahren werde ich halt wieder traurige Musik einlegen und in Selbstmitleid aufgehen, das hilft. Und dann werde ich den anderen gegenüber wieder behaupten, dass ich darüber hinweg bin, dass mir der Knopf aufgegangen ist und ich jetzt akzeptiere, dass nicht ist was ich gerne hätte, wobei diese Einsicht bei mir immer so lange dauert. Aber ich weiß, dass es nicht wahr ist, ich weiß, was ich wirklich will aber nicht wie und ob ich das jemals schaffen kann, es hängt auch kaum von mir ab. Natürlich in gewisser Weise schon, aber die Metallstange, auf die ich von liebevoller Sportgerätebauerhand geschoben wurde, hält sie fest in der Hand.
Ich will sie, nur sie. Ich habe zwei Jahre und einige gescheiterte Beziehungen gebraucht um das endlich zu verstehen, aber ich bin in jener Hinsicht genauso reaktionsschnell, wie beim Tischfußball. Da, sie hat wieder ein Tor geschossen. War das jetzt schon das siebente oder achte? „Du solltest dich mehr anstrengen!“ „Versuche ich ja, aber ich bin einfach nicht schnell genug. Hmm, der letzte Ball!“ „Dann streng dich wenigstens bei dem noch an mir zuliebe.“ Und wie als ob sie ein Zauberwort gesprochen hätte, spiele ich auf Teufel komm raus, halte den Ball in meinen eigenen Reihen, versuche zwei drei Angriffe, die scheitern, einer nur ganz knapp, halte ihre Schüsse. Ich beginne zu schwitzen, meine Handflächen werden feucht und meine Augen beginnen nervös hinter dem Ball herzuzucken, ich denke nicht mehr, ich spiele. Wieder eine Chance, wieder nur knapp verfehlt, der Ball bleibt in der Mitte liegen unereichbar für ihre wie für meine Spieler, aber kurz den Tisch aufgehoben und schon geht es weiter. Es geht lange hin und her, meine innere Anspannung steigt, ich könnte es schaffen, ja da, jetzt ein Schuss, doch der Ball prallt an der Wand ab und wird mit einer solchen Wucht zurückgeschleudert, dass er in mein Tor fällt, zu schnell, als dass ich hätte reagieren können. „Das war jetzt Pech, der letzte Ball war echt gut gespielt, aber es spielt halt auch der Zufall mit.“ „Naja, du bist sowieso besser als ich. Was willst du trinken?“
Tischfußball ist ein schönes Spiel. Vor allem, wenn der Gegenspieler so schön ist, dass ich nicht anders kann als motiviert zu sein. Und ich habe kein Problem tausendmal zu verlieren, solange ich es gegen sie tue.