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Tanz des Lebens

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Tanz des Lebens

Sie war so glücklich, mit jedem Schritt, mit jedem Sprung,
Tränen rannen ihr übers Gesicht, so schmerzhaft war die Erinnerung.

Sie konnte nicht mehr aufstehen, sie lag am Boden und weinte
Versuchte, wieder zu tanzen, doch es schien, dass sich alles gegen sie vereinte.

„Mama, ich will durchs Leben tanzen, ich will laufen, lachen, leben!“
„Kind, du weißt, was die Ärzte sagen, du darfst dich nicht so viel bewegen.“

In ihrem Herzen wurd’ es kalt, in ihrer Seele unendlich leer,
„wenn ich nicht mehr tanzen kann, will ich leben auch nicht mehr.“

„Kind, du hast so viel' Talente, nutze sie und fang was an“,
doch die Mutter wusste nicht, was an diesem Tag begann.

Das Mädchen machte tausend Dinge, vergessen wollte sie den Schmerz,
bis sie eines Tages ein Mädchen sah, da spürte sie was in ihrem Herz.

Ein kleines Mädchen lag am Boden, sie nun selbst zur Frau geworden,
ging zu dem kleinen Mädchen hin und fragte es nach seinen Sorgen.

„Liebe Frau“, weinte die Kleine „ich kann den einen Dreher nicht,
wenn ich ihn morgen nicht packe, springt mir der Trainer ins Gesicht.“

Da spürte sie die Liebe zum Tanz, den angenehmen Druck:
„Komm mein liebes Kind wir üben, du zeigst mir alles und ich guck’.“

Die Kleine tanzte ihren Tanz, den Tanz der jungen Frau
Und als die Regenwolken kamen, da ward der Himmel grau.

Es war ein rechter Wolkenbruch, doch die Kleine tanzte weiter,
die junge Frau baute sie auf und nach Stunden wurd’ es heiter.

Da wagte die Kleine diesen Sprung, die Sonne kam hervor,
die Kleine vor dem Regenbogen, die sangen Engel im Chor.

„Der Sprung, der Sprung, oh liebe Frau, ich danke dir ganz lieb,
ich hab den schwersten Schritt getan, der noch offen blieb“

Da sah die Kleine die Tränen und fragte leise: „Warum?“
„Ach kleines Mädchen weißt du, ich war so lange dumm.

Ich kenne diesen Sprung zu gut, er war mein letzter Schritt,
danach bin ich der Kunst entwichen und ging nie mehr zurück,

was nie mein Herz erfüllte, studierte ich. Es war Naturwissenschaft,
und dann kommst du und tanzt im Regen und ich bin nun erwacht.

Mein ganzes Leben hab ich verschwendet und nie mehr wen tanzen geseh’n,
als ich dem Tanzen noch nachtrauerte, konnte es niemand verstehen.“

Die Worte der jungen Frau, sie packten das Mädchen an,
sie hatte selbst Tränen in den Augen und hörte die Enttäuschung in ihrem Klang.

„Du hast mir doch alles so toll erklärt, warum machst du das nicht zum beruflichen Ziel?
Ich werd’ deine erste Schülerin und ich übe auch ganz viel.“

Da stand sie auf, die junge Frau, und sie hörte nach Jahren den lieblichen Klang
der Musik von damals, als das Mädchen sang.

Und sie nahm Anlauf und tanzte wieder, ihre Knochen waren zwar schwer,
aber sie genoss die Sekunden und spürte den beißenden Schmerz kaum mehr.

Dann kam das Finale und dieser dreifache Sprung,
das Mädchen erhob sich und sah sich nicht um.

Die junge Frau gab ab an die Kleine und sah mit lachendem Blick,
wie das Mädchen durch die Lüfte flog und sehnte sich zum ersten Mal „nach Hause“ zurück.

Lachend lagen beide im Gras und am nächsten Tag wollten sie sich wiederseh’n,
als die kleine von ihrem Training kam, konnte sie kaum noch geh’n.

Der Trainer rief ihr hinterher, „du hast deinen Schuh vergessen, Dancin’ Star,
Bis zur nächsten Stunde, Maus.“ Und da war endlich alles klar:

Die Kleine hatte es geschafft, sie hatte gut getanzt, die junge Frau ging ohne ein Wort,
sie drehte sich nicht um, leise mit Freundentränen ging einfach fort.

Jahre später, sie tanzte noch immer, sie wollte zum Staatsballett,
da hörte sie eine Stimme rufen: „Das ist noch zu adrett.

Wir machen einen modernen Tanz, dieser Schritt muss sitzen,
ihr seid jetzt keine klassischen Girls, das Publikum muss schwitzen.“

Die Stimme, sie klang so vertraut, sie kannte diese Stimme,
„vergesst alles Klassische und haltet mal kurz inne,

vor Jahren traf ich mal ein Mädchen, dass weinend am Boden lag
und das ich tief in meinem Herzen immer noch sehr mag.

Wir übten einen Tanz und ich ließ sie die Prüfung damals allein besteh’n,
sie kam raus mit Freudentränen, da ward es für mich Zeit zu geh’n.

Sie kannte nun ihren Weg und heute gäbe ich alles dafür, sie noch einmal zu seh’n
Und ihren Namen trägt das Stück, nun werdet ihr versteh’n.“

Da sprang das Mädchen auf die Bühne, sie sang das Lied vom Regen
Und tanzte mit leichten Beinen dahin und alles musste sich erheben.

Alle Tänzer standen da und klatschten tosend’ Beifall, die Frau saß einfach nur da,
Tränen leuchteten in ihren Augen, ihr großer Traum wurde endlich wahr.

Sie war so glücklich, mit jedem Schritt, mit jedem Sprung,
Tränen rannen ihr übers Gesicht, so schön ist die Erinnerung.


Fuer R.S.







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Autor:in

Goldmund

Goldmund

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