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Mehr als Liebe

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Darf ich sagen, dass sie sehr intensiv war, unsere erste Berührung? Sagen, dass du sehr jung warst – wahrscheinlich viel zu jung? Erklären, dass es nicht gut für dich sein konnte – wahrscheinlich richtig schlecht?
Ich habe es gewusst und beflissen ignoriert. Du wolltest es nicht wissen und hast dich mir hingegeben, meinen Anblick begehrt und schließlich hast du es getan. Hast ihr nachgegeben, der Neugier auf das Unbekannte, der Lust, mich zu erforschen. Hast dich aufgegeben, und ich fand gut, dass das so war. Fand gut, wie du dich langsam entzündetest. Genoss sie, die wenigen schüchternen Momente, in denen du wagtest, mich zu berühren.
Darf ich sagen, dass ich dabei war, dich richtig zu verderben und es der Beginn von etwas war, was mit Liebe selbst nie etwas zu tun haben würde?

Du warst jung und ich erfahren genug, um zu wissen, wie ich bekommen konnte, was ich wollte – was ich wollte warst du, und sie war doch sehr intensiv, unsere erste Berührung?

Ich könnte sagen, dass sie immer spektakulärer wurde, diese Romanze zwischen dir und mir. Sagen, dass du älter wurdest – reifer für mich. Erklären, dass es dir gut tat – so wie du selbst immer besser wurdest.
Ich habe das ausgekostet und bereitwillig empfangen. Du hast es gekostet und ihn befriedigt, den Appetit, der dich überkam, bei meinem Anblick und meinem Besitz. Hast dich selbst befriedigt, wenn das Verlangen nach mehr aus den Tiefen hervorbrach, es dir schwer fiel, ihm Herr zu werden, diesem Verlangen. Ich fand gut, wenn das so war. Fand gut, dass du branntest. Genoss es, dein Treiben, das an die Stelle der seltenen, schüchternen Berührungen getreten war. Du tatst es jetzt oft und deine Hände griffen derber, fester und mit jedem Jahr häufiger nach mir.
Ich könnte sagen, dass ich es fast geschafft hatte, dich richtig zu verderben, und wir waren mitten drin, in dem, was mit Liebe nichts zu tun hatte.

Wir waren bereit und mittlerweile erfahren genug, um zu wissen, wie wir an das kamen, was wir wollten – wir wollten uns, und sie war doch spektakulär, diese Romanze?

Hör mir zu, wenn ich dir sage, dass er heiß war, der Exzess, den wir betrieben! Sage, dass du perfekt geworden warst – im Umgang mit mir. Erkläre, dass du es nur noch mit mir konntest – weil ich es besser als alle anderen konnte.
Ich habe dich an Grenzen geführt und brachte dich weit über diese hinaus. Du warst mir gefolgt und hast dich ihnen ergeben, den Neigungen, Wünschen und Phantasien, die ich in die dunkelsten Ecken deines Verstandes getragen hatte. Hast dich ergeben und mit purer Lust deine moralischen Grundsätze verschachert, auf dem Seelenjahrmarkt, dich auf dem Charakterstraßenstrich verhökert und dich selbst verkauft, beim Versuch, unser Treiben ins Unermessliche zu steigern.
Ich fand all das gut, was du für mich tatest. Fand gut, dass du verbranntest. Genoss sie, die Sucht in dir. Die Sucht, die dein Treiben zur Gier potenzierte und deine Hände immer derber und fester und immer mehr nach mir geifern ließ. Da, tief in dir, deinen Verstand entrückend, dein Denken und Handeln beherrschend.
Hör mir zu, wenn ich dir sage, dass ich es geschafft habe, dich zu verderben, und wir waren am Ende dessen angelangt, was weit mehr als Liebe war.

Du warst verbrannt und ich befriedigt genug, um zu wissen, dass du mir all das gegeben hast, was ich wollte – was ich wollte warst du, und er war doch heiß, der Exzess?

Mit Liebe hatte es nie etwas zu tun, das, was uns verband. Es war mehr. Mein Vergnügen, mein Spiel, mein Diktat.
Du hast mir alles gegeben . Ich habe dir alles gegeben – all das, was du glaubtest zu brauchen und das, was darüber hinausging.
Ich habe es genossen. Du hast es genossen – glaubtest wirklich, das genießen zu können, was dich schließlich verbrennen ließ.


Bekommen hast du es, das, was du wolltest. Glaubtest, du wärest Freier und könntest sie kaufen, die Sättigung deiner Lust, die ich dir nie versprach.

Bekommen aber habe in Wahrheit ich, das, was ich wollte. Es war mein Vergnügen, mein Spiel, mein Diktat. Ich habe dich belogen.

Verkauft und prostituiert – der Preis ist hoch. Du zahlst mit dir selbst und ...


... insofern bist du eher Hure.

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Autor:in

Bordeaux

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