Iranischer Schriftsteller SAID äußert sich kritisch zu Hermann Hesse
Der iranische Schriftsteller SAID
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Er sei kein sehr großer Hesse-Freund, gestand der ehemalige Präsident des deutschen P.E.N.-Zentrums bei seiner Lesung im Foyer des Stammheimer Maria-von-Linden-Gymnasiums. Auf Fragen des Publikums hin begründete er seine Haltung damit, dass Hesse „immer halbherzig“ gewesen sei. „Hesse hat sich nie ausgeliefert“, meint der aus Teheran stammende Schriftsteller, der in der deutschen Literatur ganz andere, bedeutendere Schriftsteller ausmacht.
Den unbestreitbar großen Erfolg der Werke Hesses, vor allem bei Jugendlichen, erklärt er sich mit Hesses Ablehnung von Konventionen, die in den Büchern deutlich zum Ausdruck komme. Dies mache Hermann Hesse vor allem dort beliebt, wo Machtstrukturen sehr ausgeprägt seien, zum Beispiel im Iran. „Diese schlüpfrige, nicht direkte Art von Hesse kommt gut an“, so SAID, der keinen Hehl aus seiner mangelnden Hesse-Begeisterung machte.
Zuerst trug der Schriftsteller sein Gedicht zu Hermann Hesse vor, das in dem von Uli Rothfuss heraus gegebenen Buch veröffentlicht wurde, dann las er aus seinem neuesten Buch „Dieses Tier, das es nicht gibt. Ein Bestiarium“. Anschließend bot er den Zuhörern Gelegenheit, Fragen an ihn zurichten. Zum „Bestiarium“ habe ihn die Lektüre von Appolinaire bewogen, erzählte der heute in München lebende Autor. „Wir haben doch fast alle Möglichkeiten verloren, von Tieren zu lernen“, zeigte sich SAID „tieftraurig über die Entwicklung“.
Seine Bücher erscheinen, so erzählt er, nicht in seinem Heimatland Iran. Er selbst wolle sich gar nicht auf den Iran konzentrieren, da er weder Kontakt zu den offiziellen iranischen Stellen wünsche, noch ausreichend Kontrolle über eventuelle Übersetzungen seiner Werke hätte. Nach 14 Jahren in Deutschland war SAID 1979 für einige Zeit nach Teheran zurück gekehrt, doch „ich habe früh gemerkt, dass etwas Massives auf uns zukommt“. Es gelang ihm gerade noch rechtzeitig die legale Ausreise, bevor die politische Situation im Lande für Schriftsteller seines Schlages unhaltbar wurde. Auf die Frage hin, ob er verfolgt oder überwacht werde, meint er: „Für das iranische Regime bin ich nicht so wichtig.“ Er sei lediglich ein Autor und erreiche nicht die großen Massen, gab er sich bescheiden.