Hermann Hesses Aquarelle locken Massen nach Kleinsassen

Kleinsassen – „Volles Haus“ in der Kunststation: Sehr viele sind zur Vernissage der Aquarellausstellung „Hermann Hesse – Farbe ist Leben“ gekommen, als könnten sie den großen Schriftsteller und Maler dort persönlich treffen.

Das gelingt natürlich nicht, aber irgendwie doch.

Man kann diesem Künstler in seinen Bildern begegnen, zumal die Aquarelle, von denen er rund 3000 hinterließ, zum Privaten seines kreativen Schaffens gehört haben. Hesses Malen ist zwar schon zu Lebzeiten bekannt gewesen, „dass er aber etwa ein Drittel seiner Arbeitskraft darauf verwendet haben muss, stellte sich erst posthum heraus“, sagt Volker Michels zur Eröffnung der groß angelegten, unbedingt empfehlenswerten Kleinsassener Präsentation.

Der Herausgeber sämtlicher Hesse-Werke führt in die Bilderwelt

des Autors ein und betont durch Zitate des Künstlers ihre Konturen. Für Hesse, der in die Schweiz übergesiedelt war und das Tessin geliebt hat, ist das Malen nicht nur schöner Zeitvertreib, „eine Art von aktiver Kontemplation“ (Michels) gewesen, sondern etwas zutiefst Existenzielles. So bekannte er: „Es ist so, dass ich längst nicht mehr leben würde, wenn nicht in den schwersten Zeiten meines Lebens die ersten Malversuche mich getröstet und gerettet hätten.“

Und in dieser weltkriegsdüsteren Anfangszeit seines Aquarellierens hatte er geschrieben: „Das Produzieren mit Feder und Pinsel ist für mich der Wein, dessen Rausch das Leben so weit wärmt, dass es zu ertragen ist.“ Michels schildert, wie der Autor sich in den Jahren 1916/17 fleißig und ausdauernd das Handwerkliche des Malens beigebracht hat, jedoch im bewussten Sehen schon meisterlich gewesen ist: „Hermann Hesse war ein Augenmensch. Die Empfindlichkeit seiner Wahrnehmung kam auch seiner Malerei zugute.“ Auf Schritt und Tritt sei er auf Motive gestoßen, die unbedingt gemalt werden mussten – auch wegen der Vergänglichkeit der Farbspiele. Hesse sei, so formuliert Michels, beispielsweise zur Stelle gewesen, „wenn mittags der hohe Sonnenstand das Häusergeschachtel eines Dorfes in ein Licht getaucht hatte, dass die Farben geradezu jauchzten und einander reizten und steigerten“. Solcher Zauber wirkt in den Aquarellen der Kleinsassener Ausstellung.

Michels räumt ein, dass Hesses sprachliche Ausdrucksmöglichkeiten ungleich vielfältiger gewesen seien als die bildnerischen, würdigt aber die Zuversicht und Heiterkeit, die von den Aquarellen sehr unmittelbar ausgingen: „Diese sind gemalte Musik und machen Ernst mit der Gewinnung von Sonnenenergie.“ Der Redner hat ein gewisses Verständnis dafür, dass die Sichtweise dieses Künstlers von Kritikern gelegentlich als „Traumsehen“ bezeichnet worden ist. „Etwas traumhaft Ideales haben sie ja alle, seine Dichtungen wie die Aquarelle“, sagt Michels und fährt fort: „Wehrlos stehen sie in ihrer Ordnung stiftenden Friedfertigkeit unserer bis zur Selbstvernichtung industrialisierten und aufgerüsteten Zeit gegenüber und setzen ihr ein ermutigendes Trotzdem, ein Plus an Lebensqualität entgegen, das Vertrauen in die Kraft der Sonne hinter den Wolken.“

Für diese anregenden „Sehhilfen“ (Kunststation-Leiter Peter Ballmaier) bekommt Michels kräftigen Beifall. Ballmaiers herzlicher Dank gilt auch dem Kurator der Präsentation, Günther Troll, und der Stiftung der Sparkasse Fulda für die Unterstützung. Wie der Leiter des Ausstellungshauses ankündigt, ist die Gründung eines Fördervereins vorgesehen, der die Kunststation mittragen soll. Unter den Gästen kann Ballmaier die Journalistin Barbara Siehl, FZ-Herausgeber Dr. Thomas Schmitt, Uwe Marohn und Helmut Sauer von der Sparkasse Fulda sowie IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schunck begrüßen.

Bea Nolte-Schunck

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timo

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