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Peters Geheimnis

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Langsam kämmte sich Peter die Haare aus dem Gesicht. Er betrachtete sein Antlitz nochmals im Spiegel, um sicherzugehen, dass er auch gut aussah, gut, für seine Ansprüche. Heute würde er sich mit Petra treffen. Er mochte schon immer den Gedanken mit jemandem zusammen zu sein, der die weibliche Version seines Namens als Namen hat. Also mit jemandem der Petra heißt und bei Petra war das genau der Fall. Er kramte in seinem Rucksack nach seinem Handy, der Gedanke es nicht immer nur gedankenverloren irgendwie hineinzuwerfen beschlich ihn, aber er würde es beim nächsten Mal sowieso wieder machen, auch wenn ihm das im Moment nicht bewusst war. Er brauchte nur die eins eintippen und auf das Anrufzeichen drücken, per Kurzwahl wurde sofort Petras Nummer aus den Untiefen des Handytelefonbuchs herausgesucht und die Verbindung aufgebaut, es läutete zweimal und Petra ging ran. Peter meinte, sie sollte sich bereitmachen, er würde in fünf Minuten bei ihr sein und vor dem haus warten. Auflegen, Schlüssel schnappen, tschüß zu seiner Mutter sagen, alles schaffte Peter ohne größere Probleme und Anstrengung. Er stieg in den dunkelroten Renault Starlett seiner Eltern, bereit zu Petra zu fahren. Aber irgendwas stimmte absolut nicht. Als der den Wagen startete, rüttelte es diesen nur kurz durch, ein Geräusch, zu vergleichen mit dem, das ein kaputter Zylinderkopf in einem Motor macht - weil eben das auch der Grund für dieses Geräusch war - war zu vernehmen, der Wagen zuckte kurz auf und ließ sich auch nach mehrmaligem Probieren nicht anstarten. Schlecht! Aber kein Problem. Er ging die zwei Häuserblocks bis zu der Wohnung von Petras Eltern, erklärte ihr die Situation, nahm sie bei der Hand und die beiden beschlossen eben zu Fuß ins Stadtzentrum zu gehen, es war ein lauer Sommerabend, der Himmel war unbewölkt und die Sterne glitzerten mit dem Mond, der hell und voll zu sehen war, um die Wette, also würde der kleine Spaziergang nicht schlimm sein. "Wo gehen wir hin?" fragte Petra. "Hmmm, ins Tennesse? Mir würde nichts besseres einfallen." "Ach, im Tennesse sind wir wirklich jeden Abend. Zwei Straßen weiter hat ein neues Lokal geöffnet, so ein New Age Laden, mit Acid Jazz und allabendlicher Gedichtlesung, das wär sicherlich nicht uninteressant."
Peter mochte Petra wirklich, nur ihr Hang zum allzu kulturinteressierten Dasein störte ihn schon immer. Er hatte sie auf einer Lesung eines seiner Freunde kennen gelernt, er war nur hingegangen, weil er seinem Kumpel einen Freundschaftsdienst erweisen wollte und es gratis Buffet und Bier gab. Da sah er Petra. Sie kam von selbst auf ihn zu und sie sprachen über Literatur, zumindest tat Petra das, Peter sah sie die ganze Zeit nur an, auch wenn er ihr nicht umbedingt in die Augen schaute, was musste sie damals auch ein so tief ausgeschnittenes Kleid tragen? Das war jetzt vor sechs Monaten. Inzwischen kannte er jedes Museum in der näheren Umgebung, konnte Impressionismus von Dadaismus und Surrealismus unterscheiden, wusste wieviele Perioden Picasso hatte und war mit der kulturellen Elite seiner Generation auf Du und Du. Aber heute wollte er nur wie fast jeden Freitag - das war der Tag der Woche an dem er bestimmen durfte was heute am Abend auf dem Programm stehen würde - ins Tennesse.
"Aber ich möchte wirklich gerne ins Tennesse. Karl wird dort sein, Sabine und Stefanie auch. Wenn das Lokal heute eröffnet hat können wir morgen auch noch hin." "Ja, aber heute gibt es Eröffnungsangebote, die gibt es morgen nicht,..." Petra wollte weitersprechen, aber die Hand Peters, die sich um ihren Hals schlang hinderte sie daran. Er drückte fester und fester, ihr Gesicht färbte sich immer mehr ins unangenehm blaue und ihre Augen quollen immer mehr hinaus. Er würgte sie, sicher 10 Minuten lang drückte er nur zu und schien mit jeder Minute stärker zuzudrücken. Schließlich sackte sie zu Boden, den lebensodem ausgehaucht. Peter sah sie an, sah sie lange an, kniete sich neben ihren leblosen Körper, sog ihr das T-Shirt hoch und begann ihre Brüste zu massieren. Er zog ihr die Hose und die Unterwäsche aus und verging sich an ihrer Leiche, bevor er sie hochhob und, geschändet und tot wie sie war, in die nächste Papiermülltonne warf. Er ging ins Tennesse, wo seine Freunde schon auf ihn warteten. "Wo hast du denn Petra gelassen?" erkundigte sich Karl. "Die hab ich umgebracht!" antwortete Peter kalt. "Ich hab sie in die Papiermülltonne ein paar Blocks von hier entfernt geworfen." Karl lachte: "Du bist ein Witzbold peter, nein, was ist wirklich mit ihr." Peter blickte auf sein Bier, nahm ein zwei Schluck und ging auf die Toilette, wo er sein Bierglas an die Wand schmiss und sich mit den Scherben die Pulsadern aufschlitzte.
Karl wurde langsam stutzig, als Peter auch nach einer Stunde noch nicht vom Klo gekommen war, auch sonst nirgendwo im Lokal zu sein schien und nicht auf die Handyanrufe reagierte. Er ging also auf die Toilette und öffnete das Schloss dort mit einer 5 Cent Münze, etwas, das man mit nahezu jedem Toilettenschloss machen kann, wenn nicht kann man auch den Schlüssel benutzen. Da lag nun Peter, den linken Arm der Länge nach aufgeschlitzt, in einer Lache seines eigene Bluts, welches den gesamten Raum mit einem schrecklichen Duft erfüllte. Karl wollte schnell Hilfe holen, doch zuerst musste er sich übergeben, er befand sich ja bereits am richtigen Ort dafür.
Der Notarzt kam nach fünf Minuten und stellte Peters Tod fest. Die Polizei fand Petras Leiche in der Papiermülltonne. Niemand wusste warum dies alles geschehen war. Peters Zimmer blieb leer, die Eltern ließen es unverändert, zumindest bis beide tot waren und neue Bewohner einzogen, die daraus ein Gästezimmer machten.
Und Karl? Karl wurde zu einem Einsiedler und verließ nur manchmal das Haus um sich eine Stange Zigaretten und seine Lieblings-Computerzeitschrift zu besorgen. Irgendwann fand er einen Spiegel und starb daran, aber das ist eine andere Geschichte.

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NaimED

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