Verleihung des Hesse-Übersetzerpreises in Calw an den Peruaner Juan José del Solar Bardelli

 
Klick zum Vergrößern Juan José del Solar Bardelli (© Giebenrath)
 

Seither bedarf’s auch jener Menschen, die mit Geschmack, virtuoser Sprachbeherrschung und innigem Verständnis für die jeweilige Kultur literarische Werke in ein anderes Idiom übertragen. Dabei kommt Übersetzern nicht nur die äußerst wichtige Aufgabe der Kulturvermittlung zu, vielmehr gewinnen so sprachliche Kunstwerke an weltumspannendem Wert, weit über die Enge der Ursprungssprache hinaus.

Auch der aus Calw stammende Literaturnobelpreisträger Hermann Hesse wusste die Tätigkeit der literarischen Übersetzer sehr zu schätzen, erwähnte in seinen nunmehr in der neuen Gesamtausgabe komplett vorliegenden Rezensionen immer wieder das Verdienst einer besonders geglückten Übersetzung. Nach Hesse benannt ist ebenfalls der hochdotierte Übersetzerpreis, der alle vier Jahre in des Dichters Geburtsstadt verliehen wird. Ausgezeichnet werden damit Übersetzer, denen es in mustergültiger Weise gelungen ist, ein oder mehrere Werke Hesses in die jeweilige Heimatsprache zu übertragen. Vergeben wird der Preis von der Calwer Hermann-Hesse-Stiftung, die, seinerzeit von Südwestfunk und Kreissparkasse begründet, heute von deren Nachfolgeorganisationen Südwestrundfunk (SWR) und der Sparkasse Pforzheim Calw getragen wird.

Eine siebenköpfige Jury sichtet jeweils die möglichen Kandidaten für die Preisvergabe. Diesmal ist die Wahl auf den Peruaner Juan José del Solar Bardelli gefallen, dessen von Fachleuten als kongenial gepriesene Übertragung von Hesses „Siddhartha“ ins Spanische zum weiteren Ruhm des Calwer Dichters beiträgt. Preisträger del Solar, seit geraumer Zeit durch einen Schlaganfall in seiner körperlichen Bewegungsfreiheit beeinträchtigt, scheute nicht die weite Reise von Perus Hauptstadt Lima nach Calw, um den Preis selbst in Empfang zu nehmen. In Heidelberg und Paris studierte del Solar und lebte drei Jahrzehnte lang in Barcelona. Dort sind auch all die Übersetzungen entstanden, mit denen er deutscher Literatur im spanischsprachigen Raum ein besonderes Gewicht gegeben hat: Eine von Carlos Fuentes besonders gelobte Kafka-Übersetzung, Texte von Alfred Kubin, Joseph Roth, Thomas Mann, Walter Benjamin, Bertolt Brecht, Robert Walser, Franbz Werfel, Friedrich Dürrenmatt und Ingeborg Bachmann. Vor allem aber hat Juan José del Solar sich dem Werk von Elias Canetti zugewendet, der – selbst des Spanischen mächtig – befand: „Ihre Übersetzung ist angekommen. Ich lese mit großem Vergnügen darin und finde sie ausgezeichnet…“

Hans Meinke, in dessen Barceloneser Verlag Galaxia Gutenberg die Übersetzungen del Solars erscheinen, zeichnete bei der Feierstunde zur Preisverleihung in der Calwer Aula mit liebevollen Worten ein Lebensbild des Preisträgers. Diesem gelinge auch das Kunststück, originelle deutsche Wortschöpfungen fantasievoll ins Spanische anzuverwandeln. So wird aus dem „Schönheitsmolch“ ein „calosaurio“ und aus der „Pfauenhaftigkeit der Literaten“ das witzige „el pavorrealismo de los literatos.“ Und spätestens da erweist sich, dass Übersetzen durchaus auch eine preiswürdige Kunst ist.

Sebastian Giebenrath

aus: Pforzheimer Zeitung

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timo

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