← Zurück zur Übersicht

Maurer

Share
Maurer



"Glück gehabt, beinahe wäre die Wand durch gebrochen, ich sollte mich etwas ruhiger verhalten, nicht gegen die Wände springen", dachte er nun, doch auch beim auf und ab gehen in seiner Zelle stieß er gegen die Wände, obwohl diese nicht so klein wie manch andere war, wie er meinte, im Vorbeigehen gesehen zu haben, auch berührte er die Wände kaum, schon fiel ein Stein herab, bröckelte, brach. "jemand, der ausbrechen wollen würde, hätte keine schwere Arbeit", ging ihm durch den Kopf, ohne die Zeit und Mühe mit zu bedenken, die er für diese Schwächung der Wand gebraucht hatte, da es eine Begleiterscheinung, kein Ziel von ihm gewesen war. nun sah er auf der Seite die nächste Wand sich erheben, die im Bau noch fälliger aussah. "haben die Direktoren denn gar keine Angst vor Flüchtlingen, oder sind ihnen diese so egal, haben sie viel leicht genug Gefangene, gibt es denn sicher diese Leiter", die er eher ahnte, als wirklich von ihnen zu wissen, "sind die, welche es von sich behaupteten viel leicht selbst nur Gefangene", er konnte seine Fragen nicht beantworten. durch ein anderes großes Loch in der Wand, früher ist dort ein kleines Fenster gewesen, welches hindurch Blicken, mehr sehen Wollen, Festhalten, Rütteln der Gitterstäbe zu einem größeren Loch aus geweitet hatte, sah er weites, ebenes Land, manch mal kam es ihm auch bergig, unwegsam vor, welches ihm unheimlich war, je größer das Loch wurde, ihn in seiner Großartigkeit einschüchterte, den Blick abwenden ließ. heute erwartete er endlich seine Lieferung, die von einem Mithäftling mit guten Kontakten nach draussen, oder nur einige Mauern weiter, tiefer hinein, weiter hinaus, genau ist er jenes Erklärung nicht gefolgt, hätte es vielleicht auch nicht können, zu ihm geschmuggelt werden sollte. sehen durfte seine Arbeit nie jemand, auch sein Lieferant sollte nichts von der Verwendung der Ziegel erfahren, hatte ausweichende, verschwommene, mehr deutige Antworten bekommen, sich viel leicht aus Schutz seiner eigenen Angaben, damit befriedigt hatte, was hätte er auch von dem Wissen für einen Vorteil sich erhoffen sollen, sie wussten vielleicht von der Zelle des anderen, ahnten sie vielmehr, gesehen hatte man kaum eine andere als seine eigene. die größere Vorsicht galt je doch den Wächtern, die er aber nicht genau kannte, auch sein Lieferant, oder jenes Lieferant war nicht von diesem Verdacht befreit, doch hätte er ihn dann beliefern sollen, falls nicht noch eine höhere Beobachtung dahinter stünde. nicht aus sich selbst wollte er den Verdacht schließen, warum hätte er sonst die Mauern reparieren sollen. die Ziegel wurden durch die Öffnung in der Tür geworfen, weitere sollten folgen, konnte er erfragen. den Zement ließ er sich von einer anderen Person bringen, vergrößerte so das Risiko einer Beobachtung, verteilte jedoch das Wissen über sein Handeln, seine Aufträge auf mehrere Personen, die sich nicht kannten, sehen würden, wenigstens nicht darüber, zu eigenem Schutz, sprechen würden, so dass der jeweilige Auftrag verwirrend für die einzelne Person erscheinen musste, eine wissende Person ihn jedoch leicht durch schaut haben würde, nur durfte er sie nicht verwechseln. er wollte mit der Fensterwand an fangen, ließ erst ein kleines Loch, welches er an der erinnerten Größe des Fensters gemessen dachte, verkleinerte und vergrößerte es jedoch später immer öfters, unschlüssig über seine vorherige Größe, wie groß es jetzt sein sollte, ohne Bezug zu seiner ehemaligen Gestalt, war die Zelle doch auch schon vor ihm benutzt worden, wie er zu Wissen nun zweifelte, da ihn der Blick, die Sicht nun anders traf. zwischen durch nahm er sich die gegen über liegende Mauer vor, die er sicher zu gemauert zu wissen meinte, doch kamen ihm Zweifel über ihre ursprüngliche Dicke. die Lieferungen, die von außen durch die Essenabgabeöffnung in der Tür kamen, nahmen diese sehr in Anspruch, so dass er auch an dieser Wand aus bessern musste. endlich beschloß er, aus seinem jetzigen Ermessen, auf seine jetzige Lage, Stimmung hin die Zelle zu bessern, da er sich keinen anderen Bauplan wusste, niemand von ihm die Ausbesserung, die Restaurierung forderte, doch fühlte er, es würde erwartet werden. auch kamen ihm nun Zweifel über seine jetzige Überzeugung, seinen jetzigen Willen die Zelle aus zu bessern, auf denen er sich aber nicht lange hielt, da er nun schon an gefangen hatte, er sich nicht um sonst bemüht haben wollte, er nicht umsonst verzweifelt sein wollte, nur um das nun an gestrebte Ziel gegen neue Zweifel, Ängste einzutauschen. die Qualität der Lieferungen wurde schlechter, wenn sie auch häufiger und vermehrt ein trafen, die neuen Mauern hielten seinen Sprüngen, Berührungen mit ihnen auch nicht stand, es kam ihm sogar vor, als seien die aus gebesserten Mauern, obwohl er mit steigender Sorgfalt immer wieder von neuem an ihnen arbeitete, schwächer als die erste Brüchige, als hätte jene noch mehr aushalten können, als diese Ausgebesserten. die Sicht ins Weite, der Anblick wurde ihm immer unerträglicher, er mauerte das Loch schließlich ganz zu, so war er den Winden, der brennenden Sonne nicht mehr aus gesetzt, war geschützt vor der hinein strömenden Kälte im Winter. aus diesem Grund besserte er die um liegenden Mauern dicker, fester, wie er dachte, aus, was seinen Raum ein engte, dessen Nutzen ihm aber größer schien. die Sicht war ihm genommen, die Kälte drang dennoch durch die dicken, zweifachen, dreifachen Mauern, als ob diese mit jeder innen nach gelegten Schicht von außen wieder ein stürzten, und er konnte ihre Herkunft nicht vergessen. bei Arbeiten stieß er gegen über liegende Mauern, wenn er sich die Füße vertreten wollte, wenn er auf stand, am Loch in der Tür, welches er nicht mehr sah, da nur noch ein zum Boden geneigter Tunnel in der dicken Wand davor bestand, die neue Lieferung zu holen, bei jeder kleinsten Berührung bröckelten die Wände, er konnte keine Pause mehr machen, musste ständig ausbessern, verursachte dadurch neue Schäden. er sah die Steine von der Decke nach unten fallen, hatte Angst erschlagen zu werden, sonst hätte er sich einfach ausgeruht. es lag an seinen Bewegungen, seinem Bewegungsfreiraum, es gab keinen anderen Ausweg, als die Mauern enger um sich herum zu ziehen, was einige Überlegung forderte, da er die Tunnelöffnung als letztes erreichen musste. er durfte keinen unnötigen Stein setzen, sich nicht von der Baufälligkeit aus der Ruhe bringen lassen, musste selbst den Kies, der ihm von der ehemaligen Bestellung von Ziegeln übrig geblieben war, als eine Gabe achten, nutzen. eine Reklamation hätte er sich nicht leisten können, einen Streit, ein Bestehen auf ein persönliches Gespräch, vielleicht hätte jener dann versucht die Tür zu öffnen, durch seine Gewalt alles zum Einsturz gebracht, seine Mühe, Arbeit zerstört, wäre wenigstens hinter sein Handeln gekommen. viel leicht bekam er keine Lieferungen mehr, der Kies bröckelte nur von der Tunneldecke ab, vielleicht gab es keine weiteren Mauern mehr als die seinen, da er alle Steine verbraucht hatte, diese von irgend wo her stammen mussten, vielleicht bröckelte die ganze Baufälligkeit des Gebäudes, der Mauern durch einen großen Trichter durch das Loch in seiner Tür. konnte es ihm jetzt nicht egal sein, die letzte Lücke mit Fingerbewegung schließend, ein gemauert, bewegungsunfähig. frei und entspannt sitzt er da, hört es krachen, einen plötzlich in sein Ohr dringenden Lärm, dessen vorige Existenz er nicht weiß, von dem er eine Ausgeburt seines Ohrs nicht aus schließen kann, will, welcher nicht an ihn geht, da er sich nicht bewegen kann, sich fest von Mauern um schlossen fühlt, in einer an gespannten Gelassenheit erschöpft wartet, die Arme liegen lässt, nicht den Versuch einer Bewegung macht, der alles hätte zerstören können, woran er nicht glauben wollte, überzeugt von seiner Arbeit, es auch nicht zu probieren bereit ist, in seine jetzige Ruhe im lärmenden Getöse wie von steinernen Wasserfällen versunken. wie ein Blitzschlag trifft es ihn, schreckt es ihn, schon verzweifelt, etwas erfreut auf, als er die leichte Bewegung, mit dem Auge kaum wahr zu nehmendes, doch erdrückend spürbares Pendeln eines Beines wähnt. was wird nun folgen, diesem neuen, wieder gekehrten Drang.

Autorentreff-Newsletter

Lass dich per E-Mail über neue Beiträge informieren.

Loading

Autor:in

oswald

oswald

Ehemaliges hhesse.de Mitglied

Du schreibst selbst Gedichte?
Veröffentliche dein Gedicht im Autorentreff von hhesse.de.

Kommentare

Subscribe
Notify of
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments