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ABSCHIED IST EIN LEISES WORT

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Es ist die Geschichte einer unerfüllten Zuneigung, die vergessen ruhte, ehe sie an einem kühlen Nachmittag nach langen und endlosen Jahren wieder erwachte, um zarte Ansätze des Verstehens auszubilden und eine anmutige Knospe des Erkennens hervorzubringen, die eine betörend duftende Blüte von phantastischer Schönheit aus zeit- und grenzenloser Liebe verspricht.

Ob dieser zarten Knospe genug Liebe und Hingabe zuteil wird, damit sie ihre atemberaubende Pracht entfalten kann, liegt in einer ungewissen Zukunft.

Als ich deinen Brief zum ersten Mal in der Hand hielt, habe ich die Zeilen überflogen und den Inhalt nicht wahrgenommen.
An einem stressfreien Wochenende ist mir dein Text wieder in die Hände gefallen und ich habe die Zeit gefunden, ihn zu lesen.
Es sind wenige Augenblicke verflogen, ehe mir der Inhalt bewusst wurde und dessen Tragweite. Nach der Lektüre war ich verwirrt und sprachlos, verunsichert, erstaunt, angetan, irritiert, erregt und …
Mit einem Wort: Fassungslos.

Du hast recht mit dem Hinweis am Ende deiner Zeilen, dass nach der Verwirrung der Brief ein weiteres Mal zu lesen ist, um ihn zu begreifen und zu empfinden.

Nachdem ich mich gefasst hatte, habe ich mich dem Text erneut anvertraut und ihn verstanden und begonnen, den Inhalt nicht nur mit den Augen wahrzunehmen und ihn gedanklich zu verarbeiten, sondern ihn zu fühlen.
Ich habe den Brief zur Seite gelegt und versucht, die wirren Gedanken zur ordnen.
Seither sind zwei Wochen ins Land gezogen, in denen ich neben mir stand, ehe wieder Ordnung in das Gedankenwirrwarr einkehrte.

Das Ergebnis meines Erstaunens und der Verwirrung kann ich mit wenigen Worten umreißen:
»Wenn wir das mit uns nicht hinkriegen, bitte, dann musst du es beenden.
Ich bin dazu nicht in der Lage.«
Das weiß ich.

»Ich denke, der richtige Zeitpunkt dafür ist jetzt gekommen, …
- oder haben wir ihn schon verpasst?«
Das weiß ich nicht.

* * *

In diesem Leben habe ich den unstillbaren Wunsch mit dir unter leuchtendem Abendrot Walzer zu tanzen, der über die Ewigkeit hinaus andauert.

Du musst dich nur aus deiner Abgeschiedenheit lösen, Wahrheiten erkennen, dich der Wirklichkeit öffnen und dein Leben zu leben beginnen.

* * *

Als ich des Morgens nach traumschwerer Nacht erwache, fühle ich mich innerlich aufgewühlt. Du schwirrst in meinen Gedanken um mich herum wie eine Biene auf Nektarsuche.
Ich versuche mich an die Farbe deiner Augen zu erinnern und an den Duft deiner Haut.
In mir keimt die Befürchtung, dass du deine Besorgnisse nicht überwindest und mir nicht zu diesem Tanz folgen wirst.
Ich spüre dich mit einer Eindringlichkeit, die mich bedrückt und verwirrt.

Nach dem Frühstück habe ich mich in den Park begeben, eine Bank abseits der Spazierwege ge-sucht und meinen Gedanken gelauscht. Ich fürchte mich vor dem Gefühl abgelehnt zu werden, das sich langsam in mein Denken schleicht und von mir Besitz ergreift. Ich fürchte mich vor den Gefühl, das all die Jahre in meinem Kopf gewachsen ist.
Mich beschäftigt, worüber du nachdenkst?
Und ich frage mich, wie du reagieren wirst, wenn ich dir sage, was ich mir wünsche?

Ich will mehr, als nur diesen einen Tanz.
Und ich weiß, dass du das weißt.

* * *

Trübe Wolken schütten ihre Tränen über mich aus und treiben mich aus der Ruhe des Parks zurück ins Hotel.
Düstere Rückblicke umwölken meinen Kopf. Zunehmend legt sich Furcht wie ein Ring aus Eisen um meine Brust und zieht sich langsam zusammen, um mir den Atem zu nehmen.
Mitten in mein trübsinniges und schwermütiges Nachdenken hinein klopft es an der Zimmertür.
Wer kann das sein um diese Zeit?
Störungen kommen mir jetzt ungelegen, sie unterbrechen meine Gedankenreise.

Von zerzausten Vorstellungen umwölkt erhebe ich mich verärgert und öffne die Tür.

Du stehst vor mir.
Ich bin überrascht und erstaunt.

* * *

Als die Tür hinter dir ins Schloss fällt, lösen sich meine Angst und mein Schwermut auf wie Nebelschwaden im Sonnenlicht. Belebende Erinnerungen aus der Vergangenheit füllen meinen Kopf.
Unsere Blicke treffen sich.
Deine Augen blitzen wie blank geputztes Glas, die Pupillen sind weit geöffnet. Ein gewinnendes Lächeln umspielt deinen Mund. Deine Umarmung ist innig und fordernd. Ich verspüre die angenehme Wärme deines Körpers durch das zarte Sommerkleid auf meiner Haut.

Es sind gefühlte Unendlichkeiten vergangen seit unserem letzten Wiedersehen.
Anfangs warst du täglich in meinem Kopf. In ereignislosen Alltagen mit seinen träge dahin gleitenden Stunden, Tagen und Wochen sind die Erinnerungen langsam verblichen. Über die Jahre schlichen sie sich immer weiter fort, jede Woche ein kleines Stückchen hinein in die Dunkelheit des Vergessens bis sie fast unbemerkt im Dunst der Vergangenheit verschwanden.

Ich spüre deine Umarmung, das Prickeln auf meiner Haut. Blitzartig ist das ungestillte Begehren wieder da, als wäre es niemals weg gewesen.
Ich will mich deinem Blick entziehen, der auf mir ruht und mir Unbehagen bereitet.
Ich will meinen wirren Vorstellungen und den gehemmten Erwartungen aus dem Weg gehen.
Ich will deinem Anblick entgehen - und meinem Verlangen.
Ich will der Enge dieses Raumes entfliehen, der mit meinen Fantasien und Wünschen, Hoffnungen und Enttäuschungen, Mutlosigkeit und Verzagtheit ausgefüllt ist.

Kann ich das überhaupt?

Dein Blick ruht unaufgeregt auf meinem Gesicht, ernst, entspannt, ruhig, und nachdenklich. Ich fühle mich erschöpft, matt, miserabel, entsetzlich, unwohl …
Du schaust mir in die Augen. Ich fühle mich elend. Schwermut trübt mir den Sinn und spült Ge-danken der Verzweiflung an das Ufer meiner Hoffnungslosigkeit.

Es sind deine Worte, die mich aus meiner Erstarrung befreien:
»Ich kann nicht n u r mit dir befreundet sein.
Es tut mir Leid, ich kann das einfach nicht.«

Ja, ich weiß.

* * *

Der Mensch hat nur ein endliches Leben.
Doch gibt es Menschen, die nicht zu würdigen wissen, was ihnen als Geschenk dargeboten wird!
So bleibt allein eine zeitlose Liebeserklärung …
… und die Hoffnung auf ein Zusammenfinden in ferner Zukunft …

* * *

… und die leise Hoffnung, am Ende nicht allein und vergessen im Regen zu stehen und dem ent-gangenem Glück versonnen zuschauen zu müssen.

Dann ist ein vor Tränen schützender Regenschirm auch kein Trost.

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Autor:in

Klaus D. Andreß

* 08.08.1947 in Arnstadt/Bittstädt; Mittlere Reife; Studienabschlüsse in Hochbau, Städtebau, Soziologie; 2. Staatsprüfung; praktische Arbeit in Architektur- und Ingenieurbüros (Hensen, Görres & Schmitz-Aachen), Stadt verwaltungen Alsdorf, Aachen, RP Köln. Fachgebiete: Stadtplanung, Bau- u. Planungsrecht. Steckenpferde: Schach, Poker, Schreiben / Prosa, Lyrik, Kochen, Beobachten. Ich liebe Stille, (klassische) Musik, Entspanntheit, sachliche und wertschätzende Gespräche-

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