Im Jianshenfang – Im Übungsraum
Meister Xi saß auf der Matte und sprach zu seinen Schülern: „Auf der Enttäuschung reiten wie mit einem Surfbrett auf einer Welle. Nicht etwa resignieren, nein: reiten. Nicht freudig, nein: besonnen. Nicht grübelnd, nein: tief sinnend.
Nicht mit Enttäuschung leben, nicht austherapiert sein, nicht an Bestraftwerden denken, nicht an Versagen, an Unzulänglichkeit, an Unvermögen, mangelnde Planung, mangelnde Voraussicht, mangelnde Umsicht.
Vergiss jedes einzelne ‚Un‘ und ‚mangelnd‘, surfe, reite, lerne.“
Einer von den Schülern namens Qiong stand freudig erregt auf und rief: „Meister, ich habe verstanden!“
Xi sah zu ihm hinüber: „Du als Einziger scheinst es nicht verstanden zu haben.“
Da krähte Qiong: „Danke! Diese Zusatzinformation hat noch gefehlt. Nun habe ich vollkommen verstanden.“
Darauf Xi: „Vollkommen ist nur dein Unverstand. Verlasse den Übungsraum.“
Nicht mit Enttäuschung leben, nicht austherapiert sein, nicht an Bestraftwerden denken, nicht an Versagen, an Unzulänglichkeit, an Unvermögen, mangelnde Planung, mangelnde Voraussicht, mangelnde Umsicht.
Vergiss jedes einzelne ‚Un‘ und ‚mangelnd‘, surfe, reite, lerne.“
Einer von den Schülern namens Qiong stand freudig erregt auf und rief: „Meister, ich habe verstanden!“
Xi sah zu ihm hinüber: „Du als Einziger scheinst es nicht verstanden zu haben.“
Da krähte Qiong: „Danke! Diese Zusatzinformation hat noch gefehlt. Nun habe ich vollkommen verstanden.“
Darauf Xi: „Vollkommen ist nur dein Unverstand. Verlasse den Übungsraum.“
Was ist der geistige Hintergrund dieser Geschichte? Es erinnert mich an Zen Koans.
Der Geschichte fehlt das scheinbar Sinnfreie und die vorgebliche innere Widersprüchlichkeit eines Kōans. Vergleiche: „Wesentlich für das Kōan ist, dass es rational unlöslich ist und in den Bereich des Arationalen verweist. Das Kōan zwingt, die Bahn des rationalen Denkens zu verlassen und über die gewöhnliche Bewusstseinslage herauszuschreiten, um zu einer neuen unbekannten Dimension durchzustoßen. Diese Funktion ist allen Kōan gemeinsam, wie sehr sie im Übrigen inhaltlich und der literarischen Form nach verschieden sein mögen.“ – Heinrich Dumoulin: Geschichte des Buddhismus, Bd. I (2019), S. 249 Gefunden in: https://de.wikipedia.org/wiki/K%C5%8Dan#Funktion_des_Koan Die vorliegende Geschichte spiegelt vielmehr die unterschiedlichen Perspektiven zweier Protagonisten wider. Rational… Weiterlesen »
Besten Dank für die Erläuterung. Ich schreibe in der Regel keine Kommentare, aber Ihre Geschichte hatte meine Neugier geweckt und mich zum Nachdenken angeregt. Mein Eindruck war, dass man die Protagonisten auch als entgegengesetzte innere Haltungen betrachten könnte.
Der Eindruck ist stimmig. Zum einen gibt es da vielleicht die (innere) Mahnung, keine bequemen Abkürzungen zu nehmen, sondern per aspera ad astra zu gelangen. Zum anderen aber auch den (inneren) Heißsporn, der meint, ohne Meditation und Samu (https://sumikai.com/japan-erleben/samu-zen-in-der-kunst-der-arbeit-122707/) schnell mal zum Satori (https://de.wikipedia.org/wiki/Satori) kommen zu können, nur weil er gerade eben mal was aufgeschnappt hat. Etwas Ähnliches steht übrigens auch schon bei Sprüche 17,16 (https://www.sermon-online.com/de/contents/20017016).
Die weiterführenden Informationen waren interessant. Hat mich gefreut, diese Geschichte zu lesen.